Nie wieder, nie

Nie wieder, nie

ich sehe noch wie damals
das Entsetzen in seinem Gesicht
wie er mit ruhigen Worten
die Waffe im Spiel
mir nimmt aus der Hand
zu viele habe ich getötet
du und alle die nach dir kommen
das werdet ihr nicht
nie wieder, nie

ich sehe noch wie damals
das Entsetzen in ihrem Gesicht
im Herbst in unserem Garten
wir saßen und aßen
ein Ruf des Waldes
mit einem Laut
den Abend zerreißt und zerbricht
in ihnen erwacht die Erinnerung
als das Schrecken der Rehe erschallt
ist der Feind ganz nah
an der Front
so lange verdrängt
nie wieder, nie

ich sehe noch wie damals
das Entsetzen in seinem Gesicht
die Erinnerung an den Hunger
dass alles, ja alles verloren
nichts bleibt als der Leib und der Schmerz
sich davon zu befreien
es ist ihm gelungen nicht
nie wieder, nie

und da reden sie wieder
die Herren und Damen
im Reichstag
ins Mikrofon
und dann steht es geschrieben
von und auf allen Seiten
sie rufen und werben zum Krieg
dorthin marschieren sollen die anderen
wie ihre rauschenden Worte klingen
ja, das wissen sie
die Schreie im Feld und in den Seelen
die aber hören sie nie
nie wieder, nie

für meine Söhne
in Erinnerung an die, die vor ihnen waren
Michael Hebenstreit, März 2024

Bild von Fine Mayer auf Pixabay