Was ist ethisches Denken?

Ethik verstehe ich wie viele andere auch als philosophische, theologische, wissenschaftliche oder lebenspraktische Reflexion über Werte und Normen.

Lebenspraktische Fragen, die philosophische Ethiker zu reflektieren geübt sind, sind zum Beispiel: Was ist mein Verständnis von Glück? Was ist mein Verständnis von anderen Werten? Was ist Verantwortung? Was ist Gerechtigkeit? Was ist der Sinn des Lebens? Wer bin ich? Was fühle und denke ich? Und was will ich? Wie entscheide ich mich? Wie orientiere ich mich im Handeln? Wie verändere ich mein Handeln? Warum überhaupt wahrhaftig oder moralisch sein? Was wurde bisher darüber gedacht, geschrieben, wie wurde bisher gelebt? Was sind die Gründe für Konsens und Dissens in ethischen und moralischen Fragen?

In der klassischen Philosophie arbeite ich werttheoretisch und konstruktiv insbesondere mit den Ideen von Aristoteles sowie kritisch dekonstruktiv insbesondere hinsichtlich wirtschaftswissenschaftlicher Fragen über den Utilitarismus, der als Wert- und Normativitätstheorie für die moderne, neoklassische und neoliberale Wirtschaftwissenschaft, aber auch bspw. die moderne, naturwissenschaftliche und experimentalwissenschaftliche Psychologie grundlegend geworden ist. Normativitätstheoretisch befasse ich mich rekonstruktiv insbesondere mit der Philosophie von Jürgen Habermas.

Meine werttheoretische und normativitätstheoretische Arbeit verstehe ich zuerst als metatheoretische Befassung mit ethischen Themen. Dabei teile ich nicht das weit verbreitete Missverständnis der Bemerkungen von Max Weber, dass der Wert resp. die Norm des Postulats der Werturteilsfreiheit im Sinne einer vermeintlich möglichen Reduktion von Wissenschaft auf eine objektive und neutrale Wissenschaft gelte.

Zum einen folgt diese metaaxiologische Idee einer jahrhundertealten Epistemologie und Normativitätstheorie, die in Subjektivität und Objektivität dichotom geschlossen unterscheidet und meines Erachtens seit einigen Jahrzehnten mit triftigen Gründen und konstruktiven Alternativen widerlegt ist. Zum anderen ist diese Interpretation ein Missverständnis, aber insbesondere die Befolgung dieser Norm in der missverstandenen Interpretation weder möglich noch wünschenswert, Wissenschaft und Philosophie wären nicht nur wertneutral, sondern auch wertlos. Stattdessen vertrete ich die metaethische Position der Wertreflexivität, die nach meiner Interpretation auch die eigentlich Position von Max Weber ist. Darüber hinaus teile ich die Absichten des Aristoteles, wir machen nicht bloß Ethik, um zu ethischen Erkenntnissen zu gelangen, sondern auch um glücklichere und gerechtere Menschen zu werden.

In meiner Arbeitsweise bin ich darum bemüht, meine Rekonstruktionen zur Wert- und Normativitätstheorie ganzheits- und systemtheoretisch zu entfalten. Und sie schließlich für die konkrete Wirtschafts- und Nachhaltigkeitsethik sowie in der Philosophischen Praxis anwendbar und nutzbar zu machen.