Was ist Systemische Beratung?

Ich vertrete einen reflexiven Ansatz der Systemtheorie, der Systemwissenschaften sowie der systemischen Beratung. Ich verstehe die Systemik als einen wichtigen Versuch, die Komplexität und Vielfalt der Welt, unseres Wissens von Welt und unserer Wirkung auf Welt zu erfassen. Meinen persönlichen Werdegang in der Systemwissenschaft habe ich in einem eigenen Beitrag zur Frage “Was ist systemisches Denken?” skizziert.

Als Philosoph und Wissenschaftler habe ich mich intensiv mit Wissenschaftstheorie und auch der Wissenschaftstheorie der Systemtheorien befasst. Ich reflektiere also nicht bloß vor dem Hintergrund eines Sytemischen Ansatzes, sondern die zahlreichen verschiedenen Systemtheorien und systemischen Ansätze selbst.

Die am weitesten verbreitete Konzeption systemischer Beratung beziehen sich auf die Systemtheorie von Niklas Luhmann. Ich erkenne selbstverständlich an, dass diese wesentliche Erkenntnisse zum systemischen Verständnis von Welt uns unseres Wissens zur systemischen Veränderung menschlicher, personaler und organisationaler Wirklichkeiten beigetragen hat.

Die verschiedenen Ansätze Systemischer Beratung, die sich auf Luhmann beziehen, zählen zu den wenigen Ansätzen von Beratung, die eine breite theoretische Reflexion und Grundlage sowie auf dieser Grundlage eine breite und wirksame Beratungspraxis nachweisen können.

Einige Punkte der Systemischen Beratung in dieser Traditionslinie sind aus philosophischer Perspektive bemerkenswert:

Die Systemische Beratung

  • hat eine theoretische Grundlage, kann damit theoretisch reflektiert, kritisiert und weiterentwickelt werden
  • hat mit dem Konstruktivismus eine erkenntnistheoretische Grundlage
  • hat ein Konzept des Theorie-Praxis-Verhältnisses
  • hat ein Konzept von Reflexivität (Beobachtung 1. und 2. Ordnung; Differenztheorie)
  • hat ein Konzept von Komplexität und dem Umgang mit Komplexität
  • hat ein Sprach- und Kommunikationskonzept
  • ist nicht naturalistisch und kann kulturalistisch oder dialektisch interpretiert werden
  • ist offen für verschiedene Methoden und Methodologien
  • ist in der Kritik anschlussfähig für den Diskurs der Ganzheitlichkeit
  • ist in der Kritik anschlussfähig für den Diskurs des Humanismus und der Aufklärung
  • ist anschlussfähig für den Diskurs von Autopoiesis und damit auch der Autonomie

Welche Rolle kann Philosophische Beratung im Verhältnis zur Systemischen Beratung einnehmen?

Für Beratung kann nach Niklas Luhmann und mit Fritz B. Simon zwischen Biologischen Systemen, Personalen Systemen (Bewusstseinssysteme) und Sozialen Systemen (Kommunikationssystemen) unterschieden werden. Beratung ist Sachberatung/Fachberatung oder Prozessberatung. Soziale Systeme sind personenorientiert (Paare, Familien) oder sachorientiert/aufgabenorientiert (Teams, Organisationen). Soziologische Systemtheorien sind Handlungstheorien oder Kommunikationstheorien, wobei im letzteren Fall (insb. bei Luhmann) Kommunikation nicht als Sprachhandlungen rekonstruiert werden.

Ich meine, vor einem dialektischen, perspektivischen und reflexionsphilosophischen Hintergrund müssen sich diese verschiedenen Philosophien und Systemtheorien nicht ausschließen, sondern können als verschiedene Mittel, als Medien und Werkzeuge der Beratung betrachtet und genutzt werden.
Ich richte meine Beratung an Personale Systeme, d.h. Personen, die in Organisationen tätig sind und auf sachorientierte Soziale Systeme, d.h. Organisationen.

Systemische Webinare und Systemische Managementberatung

Darüber hinaus sehe ich meine Rolle darin – insbesondere im Format der Systemischen Webinare – für die Erarbeitung der philosophischen und theoretischen Gehalte der Systemischen Beratung einen Diskursrahmen zu bieten, der das Verhältnis von Theorie und Praxis als Stärke dieses Beratungskonzepts nutzbar macht und weiterträgt. Dieser Tätigkeit gehe ich, soweit sich das Themenfeld auf Systemische Beratung im Allgemeinen bezieht, gemeinsam mit anderen nach. Wenn Sie sich auf wirtschaftliche Organisationen, wirtschaftliche Themen und die Managementtätigkeit bezieht, arbeite ich alleine.


Mäthner, Eveline, Jansen, Anne, Bachmann, Thomas (2005): Wirksamkeit und Wirkfaktoren von Coaching, in: Rauen (Hrsg.) (2005), 55-75; Rauen, Christopher (Hrsg.) (2005): Handbuch Coaching, 3. Aufl., Hogrefe-Verlag, Göttingen; Greif, Siegfried (2008): Coaching und ergebnisorientierte Selbstreflexion. Theorie, Forschung und Praxis des Einzel- und Gruppencoachings, Hogrefe-Verlag, Göttingen; vgl. Lindart, Marc (2016): Was Coaching wirksam macht. Wirkfaktoren von Coachingprozessen im Fokus, Springer Fachmedien, Wiesbaden